Zum Inhalt springen

Klaus Zehelein

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Klaus Zehelein (* 5. September 1940 in Frankfurt am Main) ist ein deutscher Dramaturg, Hochschulpräsident und Opernintendant.

Nach dem Abitur studierte Zehelein Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Von 1959 bis 1966 nahm er zudem regelmäßig an den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik teil.

Von 1967 bis 1970 war Zehelein als Dramaturg am Theater Kiel engagiert und wechselte von dort an das Oldenburgische Staatstheater, um eine Stelle als Chefdramaturg anzutreten. Von 1977 bis 1987 arbeitete er als Chefdramaturg für die Städtischen Bühnen Frankfurt und wurde dort bald koordinierter Operndirektor. Dort arbeitete er unter anderem mit dem Regisseur Hans Neuenfels an Ferruccio Busonis Doktor Faust und Neuenfels' Inszenierung von Verdis Aida – die als „Aida-als-Putzfrau-Inszenierung“ bekannt wurde.[1] Mit der Regisseurin Ruth Berghaus arbeitete er an Wagners Parsifal und Der Ring des Nibelungen. Ab 1987 war Zehelein als freier Schauspiel- und Operndramaturg in Berlin, Frankfurt am Main, Brüssel und Wien tätig, ehe er 1989 künstlerischer Direktor des Hamburger Thalia Theaters wurde.

Von 1991 bis 2006 war Zehelein Opernintendant an der Staatsoper Stuttgart. In dieser Zeit initiierte er die „Stuttgarter Operndramaturgie“, die Regisseure bei der Arbeit nicht nur begleitete, sondern auch forderte und kritisch reflektierte. Berühmt wurde unter seiner Intendanz der Ring des Nibelungen, dessen vier Teile er jeweils verschiedenen Regieteams anvertraute (Joachim Schloemer, Christof Nel, Jossi Wieler/Sergio Morabito und Peter Konwitschny). Zehelein setzte sich zudem für zeitgenössische Komponisten wie Luigi Nono und Helmut Lachenmann ein und bewies deren Aufführbarkeit im Repertoirebetrieb. Mit der 1993 gegründeten Jungen Oper Stuttgart etablierte er ein Modell der Musiktheatervermittlung für Kinder und Jugendliche.[2]

Von 2003 bis 2015 amtierte Zehelein als Präsident des Deutschen Bühnenvereins. 2006 wurde er Mitglied des für drei Jahre eingesetzten Kunstbeirats des baden-württembergischen Ministerpräsidenten.[3] Zudem ist er im Stiftungsbeirat der Kulturstiftung des Bundes und Kuratoriumsmitglied in der Akademie für gesprochenes Wort in Stuttgart[4].

2025 erschien seine Autobiographie Unerhörte Augenblicke im Verlag Theater der Zeit, herausgegeben von Günther Heeg.[5]

Lehrtätigkeiten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben seiner Theaterarbeit war Zehelein in der akademischen und künstlerischen Lehre tätig, so als Dozent für Musiksoziologie an der Universität Oldenburg. Daneben lehrte er als Gastprofessor an der University of Minnesota, am Collège international de philosophie in Paris, am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Universität Gießen und von 1986 bis 1992 an der Universität für angewandte Kunst in Wien.

Von 2006 bis 2014 war Zehelein Präsident der Bayerischen Theaterakademie August Everding im Münchner Prinzregententheater. Zugleich leitete er dort und an der Ludwig-Maximilians-Universität München den Studiengang Dramaturgie.

Zehelein erhielt 1983 den Deutschen Kritikerpreis für seine dramaturgische Arbeit an der Frankfurter Oper und wurde 2001 mit der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg für seine besonderen Verdienste um das Land Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Die Staatsoper Stuttgart wurde unter Zeheleins Leitung insgesamt sechsmal, in den Jahren 1994, 1998, 1999, 2000, 2002 und 2006 in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Opernwelt zum Opernhaus des Jahres gekürt worden.

Im Sommer 2006 wurde Zehelein das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen. 2007 wurde er als Mitglied an die Bayerische Akademie der Schönen Künste berufen.

2023 wurde er für sein Lebenswerk mit dem Deutschen Theaterpreis Faust ausgezeichnet.[6] In der Begründung heißt es: „Klaus Zehelein war nie ein Mann des Rampenlichts. Das mag ein Grund dafür sein, dass viele Menschen außerhalb der engeren Theaterszene kaum eine Vorstellung davon haben, was er für das Theater, insbesondere aber für unser heutiges Verständnis von zeitgemäßem Musiktheater, geleistet hat.“ Neben seiner grundsätzlichen Bedeutung für die deutsche Theaterlandschaft und sein politisches Streiten für den Stellenwert der „Bühnenkunst im Spätkapitalismus“, wird zudem sein Bemühen um Theater für bildungsferne Schichten und die Vermittlungsarbeit von Musiktheater an junge Menschen hervorgehoben.[7]

  • Unerhörte Augenblicke. Autobiographie. Theater der Zeit, 2025. ISBN 978-3-95749-561-7.
  • Mit den Ohren schauen und mit den Augen hören In: Günther Heeg (Hg.): Fremde Leidenschaften Oper: das Theater der Wiederholung. Theater der Zeit, 2021, ISBN 978-3-95749-369-9.
  • Mit Anke Roeder: Die Kunst der Dramaturgie : Theorie – Praxis – Ausbildung. Henschel, 2011, ISBN 978-3-89487-655-5.
  • Fünfzehn Spielzeiten an der Staatsoper Stuttgart 1991–2006: Ein Arbeitsbericht, raumzeit3, 2006, ISBN 978-3-9811007-6-1.
  • Juliane Votteler: Musiktheater heute: Klaus Zehelein – Dramaturg und Intendant. Europäische Verlagsanstalt, 2000, ISBN 978-3-434-50498-6.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. vgl. Curt Riess: Theater gegen das Publikum – Aida als Putzfrau und andere Missetaten, Langen Müller, 1985.
  2. Nachtkritik.de: FAUST-Theaterpreis 2023 an Klaus Zehelein
  3. Neue Musikzeitung, abgerufen am 4. Januar 2011.
  4. Akademie für gesprochenes Wort | Vorstand und Kuratorium. Abgerufen am 26. November 2023.
  5. [1]
  6. Faust-Theaterpreis für Klaus Zehelein. In: klassik.com. 25. Oktober 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  7. Der Faust 2023: Klaus Zehelein